Gorg Blau – Mallorcas mystischer See zwischen Himmel, Stein und Stille
Wer Mallorca nur mit Stränden, Sonne und Tapas verbindet, kennt die Insel nicht wirklich. Denn dort, wo sich die Serra de Tramuntana mit all ihrer Wildheit erhebt, liegt ein Ort, der wie aus einer anderen Welt scheint: der Gorg Blau – ein stiller, fast mystischer Stausee, verborgen zwischen den höchsten Bergen der Insel.
Er ist nicht leicht zu finden, nicht laut, nicht spektakulär im touristischen Sinn – und genau darin liegt seine Magie. Der Gorg Blau steht für das unverfälschte Mallorca, für Ruhe, Natur und eine Art von Schönheit, die man nicht konsumiert, sondern erspürt.
Ein verborgenes Juwel im Herzen der Serra de Tramuntana
Der Gorg Blau liegt in der Gemeinde Escorca, im Herzen des Tramuntana-Gebirges – einer UNESCO-Welterbestätte, die für ihre dramatischen Felsen, Terrassenfelder und historischen Trockensteinmauern bekannt ist.
Wer von Sóller oder Lluc über die kurvenreiche Landstraße MA-10 fährt, erlebt eine der schönsten Panoramastrecken Mallorcas. Zwischen Pinien, Steineichen und kargen Kalksteinwänden taucht plötzlich ein türkisblauer Spiegel auf – so still, dass man glauben könnte, er atme.
Der Name Gorg Blau bedeutet „blauer Strudel“ oder „blaues Becken“, ein treffendes Bild für das intensive Farbspiel, das der See je nach Sonnenstand bietet. Morgens glitzert er in hellem Türkis, mittags wirkt er fast schwarzblau, am Abend spiegelt er das warme Gold der Felsen.

Von der Natur geschaffen, vom Menschen geformt
Was viele nicht wissen: Der heutige Gorg Blau ist kein natürlicher See, sondern ein Stausee, der in den 1970er-Jahren angelegt wurde. Ursprünglich floss hier der Torrent de Lluc, ein Wildbach, der das Tal durchzog und in eine tiefe, schmale Schlucht mündete – ein beliebtes Motiv für Künstler und Fotografen der Jahrhundertwende.
Als Palmas Trinkwasserbedarf wuchs, entschied man sich, das Tal aufzustauen. So entstand der künstliche See, der heute zusammen mit dem benachbarten Cúber-Stausee einen Großteil der Hauptstadtregion mit Trinkwasser versorgt.
Trotz seiner technischen Funktion hat der Gorg Blau nichts von seiner Natürlichkeit verloren. Im Gegenteil: Der See wirkt, als wäre er schon immer Teil dieser Bergwelt gewesen. Seine stillen Wasserflächen fügen sich harmonisch in das schroffe Gestein ein – ein gelungenes Beispiel, wie Natur und Technik sich auf Mallorca ergänzen können.
Wanderungen und Ausflüge rund um den Gorg Blau
Rund um den See verlaufen mehrere Wander- und Aussichtsrouten, die teilweise mit den großen Fernwanderwegen der Insel, wie dem GR-221, verbunden sind.
Empfohlene Routen:
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Cúber – Gorg Blau Rundwanderung
Eine einfache, etwa 2–3-stündige Wanderung, die entlang beider Stauseen führt. Ideal für Naturfreunde und Fotografen. -
Von Lluc zum Gorg Blau
Anspruchsvollere Tour (ca. 5 Stunden), führt durch Wälder, über alte Trockensteinpfade und bietet spektakuläre Blicke auf das Tramuntana-Massiv. -
Puig de Massanella (1.365 m)
Für geübte Bergwanderer: Der zweithöchste Gipfel der Insel belohnt mit einem atemberaubenden Blick auf beide Seen und bis zur Bucht von Alcúdia.
Unterwegs trifft man nur wenige Menschen – dafür Geier, Ziegen und den Duft von Rosmarin und Pinien. Ein Mallorca, das still und unverfälscht geblieben ist.

Ein Ort des Schweigens und der Klarheit
Der Gorg Blau ist einer dieser seltenen und ruhigen Orte, an denen Stille nicht Abwesenheit bedeutet, sondern Gegenwart. Kein Motorenlärm, keine Musik, keine Hektik. Nur Wind, Wasser und das ferne Läuten der Schafsglocken.
Das Betreten des Ufers ist nur an wenigen Stellen erlaubt, Baden oder Bootfahren sind streng untersagt – schließlich handelt es sich um das wichtigste Trinkwasserreservoir der Insel. Doch gerade diese Einschränkung bewahrt den Ort vor Übernutzung und Massentourismus.
Wer sich Zeit nimmt, hier einfach zu verweilen, erlebt einen der spirituellsten Plätze Mallorcas. Kein Wunder, dass viele Besucher den Gorg Blau als „Ort zum Durchatmen“ oder „Herz der Tramuntana“ bezeichnen.
Gorg Blau – Fotospots und beste Besuchszeiten
Der Gorg Blau verändert sich mit dem Licht – und genau das macht ihn zu einem Paradies für Fotografen.
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Frühmorgens spiegelt das Wasser die ersten Sonnenstrahlen, oft noch mit leichtem Nebel über der Oberfläche.
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Spätnachmittags verwandelt sich der See in ein dramatisches Gemälde aus Gold und Blau, besonders im Herbst und Winter, wenn das Licht tiefer steht.
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Nach Regenfällen wirken die Farben intensiver, und kleine Wasserläufe füllen die umliegenden Täler – dann zeigt sich die Serra de Tramuntana von ihrer lebendigsten Seite.
Naturschutz & Verantwortung
Der Gorg Blau steht seit 2003 unter dem Schutzstatus „Monumento Natural“, einem der höchsten Naturschutzgrade der Balearen. Damit verbunden ist eine klare Verantwortung: Besucher sind angehalten, den See nicht zu betreten, keinen Müll zu hinterlassen und das Ökosystem zu respektieren.
In den letzten Jahren war der Wasserstand des Gorg Blau oft niedrig – ein sichtbares Zeichen für die Trockenheit und den Klimawandel. Wenn man am Ufer steht, sieht man, wie sehr Mallorca auf die Balance zwischen Natur und Nutzung angewiesen ist. Das macht den Ort zu einem stillen Mahnmal für Nachhaltigkeit.

Kultur, Geschichte und Inspiration
Bereits im frühen 20. Jahrhundert inspirierte der ursprüngliche Gorg Blau Künstler, Dichter und Fotografen. Der mallorquinische Dichter Miquel Costa i Llobera beschrieb das Tal in seinen Gedichten als „Ort, wo die Seele Wasser trinkt“.
Noch heute hat der See etwas Poetisches. Er ist kein Ort der Bewegung, sondern der Betrachtung. Viele Mallorquiner kommen hierher, um zur Ruhe zu kommen, zu meditieren oder einfach den Blick über das Wasser schweifen zu lassen.
Fazit: Der Gorg Blau – die stille Seele Mallorcas
Der Gorg Blau ist kein klassisches Reiseziel. Er ist eine Erfahrung – ein Ort, an dem man das Wesen Mallorcas jenseits von Sonne und Strand versteht. Zwischen Felsen, Wind und Wasser offenbart sich hier die verletzliche, aber unendlich starke Seite der Insel.
Wer einmal dort stand, den Wind spürte und das Wasser glitzern sah, wird verstehen:
Der Gorg Blau ist nicht nur ein See. Er ist das blaue Herz der Tramuntana – still, tief und ewig.









































